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Schildbürgerstreich an deutschen Stromzahlern - Diesel treibt Hochsee-Windräder an

Kein Netzanschluss für „Riffgat“ bis Februar 2014 – Tennet bereitet Weltkriegsmunition Probleme

Seit Mitte Juli ist der Windpark von EWE fertig. Die Verzögerung kostet Millionen.

Oldenburg/Borkum/Bayreuth Eigentlich haben Windräder auf See den Zweck, klimafreundlichen Strom zu erzeugen. Die Anlagen im Windpark „Riffgat“, den EWE jetzt vor Borkum errichtet hat, werden jedoch auf absehbare Zeit nicht nur keinen Strom erzeugen. Im Gegenteil, weil die Anbindung ans Netz fehlt, wird sogar Strom aus einem Dieselgenerator benötigt, um die Windräder zumindest ab und an anzutreiben.

„Die Windkraftanlagen müssen hin und wieder bewegt werden, damit sie nicht korrodieren, also rosten“, erklärt EWE-Sprecher Christian Blömer. Und das laufe über ein Dieselaggregat.

Die Energiewende in Deutschland treibt zuweilen seltsame Blüten. Bei EWE ist den Verantwortlichen jedoch nicht zum Lachen zumute. In gerade einmal 14 Monaten hatte der Oldenburger Versorger die 30 Windkraftanlagen für „Riffgat“ rund 15 Kilometer vor der Insel Borkum errichtet. Die letzte Anlage für den nach Unternehmensangaben ersten kommerziellen Windpark in der deutschen Nordsee wurde Mitte Juli fertiggestellt. Die 108 Megawatt Gesamtleistung würden ausreichen, um umgerechnet 120 000 Haushalte mit Energie zu versorgen.

Die Betonung liegt auf „würden“. Denn wohl frühestens Mitte Februar 2014 wird „Riffgat“ auch Strom produzieren und ins Netz einspeisen können. Diesen Termin für den Netzanschluss nannte der Netzbetreiber Tennet (Bayreuth) kürzlich der EWE.

Bei dem Oldenburger Versorger ist man verärgert. „Wir können diesen späten Termin nicht nachvollziehen“, sagt Sprecher Blömer. Die ursprünglichen Planungen hätten eine Anbindung bis März 2013 vorgesehen.

Bei Tennet ist man über die Verzögerung zwar ebenfalls nicht glücklich, weist aber jegliche Schuld von sich. In dem Gebiet, durch das das insgesamt 50 Kilometer lange Seekabel für den Netzanschluss verlegt wird, liegt allerlei Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Zum einen habe man deutlich mehr Munition gefunden als erwartet. „Zum anderen gibt es in diesem Bereich eine starke Strömung, die die Munition versetzt und damit die Bergung erschwert“, sagt Tennet-Sprecherin Henrike Lau.

Die Kosten für die Verzögerung bleiben jedoch weniger an Tennet als vor allem an EWE und den Verbrauchern hängen. Denn die Anfang 2013 eingeführte Offshore-Haftungsumlage sieht vor, dass Tennet als Netzbetreiber EWE für jede Windenergieanlage die zwar betriebsbereit ist aber mangels Netzanschluss keinen Strom produziert, einen 90-prozentigen Schadenersatz zahlen muss. Ein Großteil davon kann jedoch auf die Verbraucher umgelegt werden. Bei einem jährlichen Stromertrag von 440 Millionen Kilowattstunden, der für „Riffgat“ prognostiziert wird, könne so leicht ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag zusammenkommen, heißt es in der Branche.

Bei EWE wiederum bleiben nicht nur die verbleibenden zehn Prozent hängen, wie Blömer erläutert. Zudem fielen noch Kosten für Betriebsmittel, wie den Einsatz den Generators, und Personal an. Ob EWE den entstandenen Schaden etwa vor Gericht geltend machen werde, ließ der Sprecher offen. „Wir halten uns alle Wege offen“, sagte Blömer.

Trotz der Probleme soll die Errichtung von „Riffgat“ am kommenden Sonnabend gefeiert werden. Ministerpräsident Stephan Weil hat ebenso wie Landeswirtschaftsminister Olaf Lies (beide SPD) sein Kommen zugesagt. Auf den Anblick von sich drehenden Windrädern werden sie aber wohl verzichten müssen. Es sei denn, der Dieselgenerator wird angeworfen.

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